Am 15. Juli 2016 fand in der Türkei ein erfolgloser Putschversuch von Teilen des Militärs statt. Die Regierung hat den Putschversuch als Vorwand für die Säuberung der regierungskritischen Stimmen missbraucht. Es wurde eine »Säuberungswelle“ gestartet, die auch von den Akteuren selbst als solche betitelt worden war.
Diese Aktion wurde sehr zeitnah ausgeweitet auf die öffentliche Verwaltung (Justiz: RichterInnen und AnwältInnen, Angestellte des Innen- und Gesundheitsministeriums) sowie andere Bereiche der Gesellschaft, darunter vor allem JournalistInnen, LehrerInnen, AkademikerInnen und UnternehmerInnen.
Mittlerweile (Stand September 2017) wurden nach offiziellen Angaben ca. 146,634 Personen des Amtes enthoben, über 126,778 Menschen in Untersuchungshaft gesetzt und 59,254 Personen verhaftet (darunter über 17,000 Frauen und über 700 Babys und Kleinkinder). 2,099 Schulen, Studentenwohnheime und Universitäten sind geschlossen, 187 Medienhäuser wurden geschlossen, 302 Journalisten wurden verhaftet, 8,693 AkademikeriInnen haben Arbeitsplätze verloren, 4,424 RichterInnen und StaatsanwältInnen wurden entlassen. Nach Angaben der offiziellen Stellen liegt die Zahl der an Putsch beteiligten Menschen bei 8,651.
Seit mehreren Monaten besteht ein Ausnahmezustand, in dem der Rechtsstaat ausser Kraft gesetzt wurde und mit Dekreten Menschenrechte verletzt werden. Das Willkürregime hat sich fest etabliert. Zudem wurde die Europäische Menschrechtskonvention (EMRK) seit mehreren Monaten ausgesetzt.
Die Folgen der eben genannten Dekrete sind: Enteignungen, Inhaftierungen, Diskriminierungen, Diffamierungen, Denunziationen. Die direkt Betroffenen finden weder eine Alternativanstellung noch verfügen sie über eine Sozial- oder Krankenversicherung, Teile der Sanktionen umfassen auch Verwandte sowie Ehepartner und Kinder. Somit werden den Menschen die existentiellen Grundbedürfnisse entzogen. Ein führender Funktionär der türkischen Regierungspartei empfiehlt den Betroffenen (sarkastisch), Baumwurzeln zu knabbern.